Die Grande Dame vom Bodensee

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Die Grande Dame vom Bodensee

09.12.2024 - Runag - die älteste Rennyacht am See. Bregenz, 05.12.2024 von Carmen Somm.

Auf der 122-jährigen Runag erlebten unzählige Segler und Seglerinnen, Kinder, Jugendliche, Politiker und Künstler unvergessliche Momente. Ob bei spannenden Regatten oder genussvollen Gourmetfahrten – die imposante Yacht verbindet über ein Jahrhundert Geschichte mit Träumen für die Zukunft.

Ein Rendezvous mit der Grande Dame
Wir sind unterwegs nach Bregenz zu einem ganz besonderen Termin – einen Tag mit der Grande Dame des Bodensees, der Runag. Die 122-jährige Yacht begeistert heute wie damals. Ihr Name, Rùnag, ein gälischer Kosename für „Schätzchen“ oder „kleiner Liebling“, spiegelt die Emotionen wider, die sie seit ihrem Stapellauf 1902 weckt.

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Entworfen wurde sie vom damals aufstrebenden Yachtdesigner Alfred Mylne, der heute zu den prägenden Gestalten des Segelsports gehörte. Mylne war auch maßgeblich an der Entwicklung der berühmten Meterformel beteiligt, die jedoch erst 1906 – vier Jahre nach dem Stapellauf der Runag – verabschiedet wurde. Ihre Vermessung ergibt einen Wert von 8,0x mR. Die kleinen Anpassungen am Rigg, um sie offiziell als 8mR zu klassifizieren, würden allerdings ihre elegante Silhouette mit dem weit überhängenden Großbaum stören.

Die Entstehung der Runag
Die Yacht wurde bei der Fairfield Shipbuilding and Engineering Company in Glasgow gebaut, wo ihr erster Eigner, Sir Alexander Gracie als Maschineningenieur und Managing Direktor tätig war. Fairfield war keine typische Yachtwerft, sondern für den Bau großer Handelsschiffe, Kriegsschiffe und Passagierdampfer bekannt.


Mit Sonne unterwegs - Foto: Archiv Trippolt / IBN

Zwischen den Stahlriesen und Dampfschiffen dürfte die elegante, 16 Meter lange Runag wie ein filigranes Schmuckstück gewirkt haben. Vielleicht erklärt dies, warum Gracie den gälischen Namen Rùnag wählte – ein liebevoller Kosename für sein „Schätzchen“. Doch bereits 1909 verkaufte er die Yacht und in den darauffolgenden Jahren wechselte sie ihre Liebhaber und Besitzer in teils kurzer Folge. Es begann eine bewegte Reise durch die Jahrzehnte.

Vergessen und wiederentdeckt
1979 wurde die Runag in Cornwall entdeckt, verwittert und vergessen. Ihr neuer Eigner brachte sie zu einer Werft in Norddeutschland, um sie für Langfahrten fit zu machen. Dazu kam es nicht, er verstarb bevor er seine Pläne in die Realität umsetzen konnte. So kam die Runag 1990 in die Hände von Fritz Trippolt, einem Vorarlberger Ingenieur, der sich in die Yacht verliebte und sie an den Bodensee brachte. Diesmal sollte die Beziehung von Dauer sein.

Eine große Liebe: Die Restaurierung
Für die erste Idee, die Runag als Clubschiff für den Yachtclub Bregenz auferstehen zu lassen fehlte die Unterstützung. Mit einer eingeschworenen Gemeinschaft von sechs Miteignern gelang die umfangreiche Restaurierung. Über 3.300 Stunden Eigenarbeit investierten sie, um die Runag wieder in ihre ursprüngliche Eleganz zu versetzen. 1992, pünktlich zu ihrem 90. Geburtstag, feierte die Runag ihren zweiten Stapellauf am Bodensee.

Rostige Eisenspanten wurden durch verleimte Holzspanten ersetzt, hunderte Meter originaler Pitch Pine Planken wurden ausgefräst und neu gestäbelt. Der originale Eichenkiel blieb erhalten, und der später eingebaute Motor wurde entfernt – ein Zeichen für die Rückkehr zur ursprünglichen Tradition als originale Segelyacht.

Lebendige Geschichte
Seither ist die Runag auf dem Bodensee nicht nur ein Blickfang, sondern wird intensiv gesegelt. Sie nahm an Regatten wie der „Rund um“, der 8mR-Weltmeisterschaft in Genf und der Münchner Woche teil. Doch die Runag ist nicht nur ein Regattaboot: Ihre Logbücher erzählen von Segelwochen mit Optikindern, Ausfahrten mit beeinträchtigten Menschen und unvergesslichen Feierlichkeiten – von Hochzeiten bis zu Geburtstagen.

Die Liste der Mitseglerinnen und Mitsegler der letzten 30 Jahre liest sich wie ein Who’s Who aus Politik, Sport, Kultur und Literatur. 2004 genoss der damalige österreichische Bundespräsident Heinz Fischer eine Abendausfahrt auf der Runag, während der bekannte Intendant der Bregenzer Festspiele, der «fliegende Engländer» David Pountney, bei einem letzten Schlag Abschied von Bregenz nahm. Der aus Hard stammende Schriftsteller und Grimmelshausen-Preisträger Michael Köhlmeier las während einer Segeltour aus seinem Bestseller «Telemach». Auch Olympiasieger Lukas Mähr verbindet besondere Kindheitserinnerungen mit der Runag – vor allem an das Netz unter dem Bugspriet, das Kinder immer magisch anzieht. Lukas Vater Wolfgang hat an der Yacht mit restauriert, mit regattiert und auch die «Zweihand» mit Fritz zusammen gewonnen.

Legendäre Gourmetfahrten
Die kulinarischen Ausfahrten auf der Runag sind legendär. Auf einem einfachen zweiflammigen Herd zauberten Köche mehrgängige Spitzenmenüs, die jede Gourmetfahrt zum unvergesslichen Erlebnis machten. Ein Auszug aus dem Logbuch:

1.. Weichkäse mit eingelegten Tomaten und Paprika
2. Linsensalat mit Ruccola
3. Nüdele al dente an Gemüse und Knoblauchsauce
4. Flambierte Flugentenbrust an Orangensauce mit Kartoffelrösti
5. Scampi mit Nüdele
6. Felchenfilet gebraten an Petersilie und rotem Pfeffer
7. Flambierte Bananen

Dazu wurden exquisite Weine gereicht – eine perfekte Symbiose aus Segelvergnügen und Genuss.

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Gemütlich unter Deck im Logbuch schöckern - Foto: Julius Osner / IBN

Während wir gemütlich vespern – mit Vorarlberger Käse, burgenländischem Wein und spannendem Seemannsgarn – schmöckern wir durch die Logbücher. Seite für Seite erwachen die Erlebnisse der vergangenen Jahre in unserer Vorstellung zum Leben.

Segelerlebnis unter Vollzeug
Draussen hat sich das Wetter endlich gebessert, ein leichter Wind kräuselt aus Westen. Um die 150 Quadratmeter Amwind Segelfläche, Gaffel-Grossegel, Topsegel, Fock, Klüver, Stagfock zu setzen haben wir alle Hände voll zu tun. Dank der geduldigen Anleitung von Fritz und Christel Trippolt lernt jede schnell, mit den vielen Schoten und Fallen umzugehen. Für uns J70 und Lacustre Seglerinnen beeindruckend, alleine das «kleine» Topsegel ist grösser als unser J70 Grosssegel, der Grossbaum der Runag besteht aus zwei Lacustre Masten – das sind ganz andere Dimensionen.

Schon beim ersten Windhauch fährt die Grande Dame los, mühelos segelt sie an der auf dem See dümpelnden Seascape 24 vorbei.

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Unter Vollzeug über den spiegelglatten See - Foto: Julius Osner / IBN

Fast ehrfürchtig, aber begeistert übernehme ich das Ruder. Ich kenne und liebe das Segeln auf Langkielern, doch das Gefühl an der Pinne der Runag ist überwältigend. Auf Ruderbewegungen reagiert die Runag erst verzögert, langsam aber dann mit unmittelbarer Wucht, unaufhaltsam, konsequent.

Wir nutzen die Brise für eine «Hafenrundfahrt» unter Vollzeug – Fritz übernimmt das Ruder, fährt ins Hafenbecken, wendet und segelt wieder hinaus auf den See. Eine beeindruckende Demonstration von herausragender Seemannschaft, eine Show im Herbst allerdings ohne Zuschauer im Hafenkino.

Natürlich hätten wir uns ein oder zwei Windstärken mehr gewünscht. Aber auch so wird uns diese Ausfahrt unvergessen bleiben.

Zurück zu den Wurzeln
Jetzt schläft der Wind vollkommen ein, spiegelglatt liegt der See. Jetzt wird gerudert – wie 1902. Mit vier Frauen an den Riemen geht es (möglichst) mit Rhythmus und Kraft zurück in den Hafen. „Das ist unser Statement für gute Seemannschaft“ sagt Fritz mit einem verschmitzten Lächeln.

Neue Kapitel warten
Jetzt sucht die Grande Dame nach jungen Liebhabern, die mit ihr weitere Kapitel ihrer Geschichte schreiben. Kaum zu glauben, aber unsere Grosseltern wurden gerade geboren als die Runag in Glasgow erstmals vom Stapel lief und jetzt sind einige unserer heutigen Crew schon selbst Grosseltern. Die Runag hat schon viele Generationen von Seglerinnen und Seglern gesehen. Wer folgt nach?

Der Preis um die € 150'000.—ist Verhandlungssache, was gesucht wird sind Segelnde, die sich neu verlieben!

Schiffsdaten:
Länge über alles: 16.30 m
Deckslänge: 13.10 m
Länge Wasserlinie: 8.8 m
Breite: 2.8 m
Tiefgang: 1.80 m
Gewicht: 9.3 Tonnen
Segelfläche am Wind: 150 m²
Designer: Alfred Mylne
Bauwerft: Fairfield, Glasgow

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