Wie der Mann so das Boot

BN 970x250
Copyright © Bodensee-News
 
murette banner
MURETTE AG UND PANTAENIUS GRUPPE AUF GEMEINSAMEM KURS
charterpass
zwischenraum banner
IG wasserpsort am see banner
Zusammenarbeit BN & IBN

Wie der Mann so das Boot

JK 2020 09 SZ 0332 sm
15.12.2020 - Ungewöhnlich – das trifft auf den Bootsbauer Stefan Züst selbst wie auch auf seine neuste Kreation zu.

Stefan Züst aus Altnau hatte bereits mit seinem gaffelgetakelten Pilot Cutter Lake Constance für Interesse gesorgt. Jetzt legt er mit seinem Segelkanu noch einen drauf. WAVE war am Bodensee für einen tieferen Einblick.

JK 2020 09 SZ 0832 sm

Die Holzbot-Werft kann man nicht übersehen, sie liegt direkt an der Landstrasse, in der Nachbarschaft von Obstbäumen und Feldern. Auch Stefan Züst selbst ist nicht zu übersehen. Er sieht so aus, wie man sich einen waschechten Seebären nördlicher Prägung vorstellt: kräftige Statur, Vollbart, Wikingermähne. Der kräftige Händedruck verrät, dass dieser Mann seit seiner Jugend Holzboote baut und restauriert. Angefangen hatte es mit einem Bausatz für ein Holzkanu, das er mit zehn Jahren zusammen mit seinem Onkel baute. Dann folgte ein maroder Vaurien, der eigentlich fürs 1. Augustfeuer vorgesehen war, den er jedoch vor den Flammen retten konnte und später auf dem Bodensee segelte. Mit 12 segelte er in dieser Bootsklasse an der WM in Portugal mit. Bereits in der Schule hatte er einen Lehrstelle bei der einstigen Stäheli-Werft auf sicher. Mit 21 machte er sich selbständig. Seit damals sind so einige Boote wieder zu neuem Leben gekommen. Kaum zu glauben, wie sich unter seinen und den Händen seiner Mitarbeiter, schrottreife Schiffsgerippe in glänzende Prunkstücke verwandeln. Nicht umsonst gilt Züst als einer der besten Holzbootbauer des Landes – sein Ruf geht auch weit über die Grenzen.

Sein Büro im 1. Stock der Werft ist eine Mischung aus Shipchandler, nautischem Museum und Ausstellungsraum. Die Plakate, Bücher, Diplome und Seekarten, ja selbst der PC ist mit einer feinen Schicht Holzstaub überzogen. Hier wird Holz quasi geatmet und Züst spricht mit leuchtenden Augen von seiner Passion und der Bewunderung für diesen Baustoff. Kein Wunder, dass auch das Fällen eines Baumes nicht dem Zufall überlassen wird. Vollmond muss es sein und am besten einheimisches Holz, das er höchstpersönlich aussucht. Die witterungsbeständige Eiche für den Rumpf oder die biegsame Fichte für den Mast – aber mindestens 10 Meter muss der Stamm lang sein, mit möglichst kleinen und regelmässigen Jahrringen. So ein Mast wird dann aus sechs Längselementen zusammengeleimt, das macht ihn trotz seiner Elastizität stabil.

Anders als die anderen
Individualist Züst denkt mit seinem eigenen Kopf und geht seinen eigenen Weg. Das gilt auch für seine Segelferien. Wo andere bei einer Mittelmeerbrise Entspannung suchen, kämpft er sich am liebsten durch den Unbill von Wind, Regen und Strömung in nördlichen Breitengraden. Schottland, Norwegen, Nordkap, das sind so seine Reviere, wo er aufblüht. Es darf auch schon mal die Biskaya sein, dann aber bitte in einem 5.8 Meter langen Holzboot, was ihm eine Auszeichnung des Bodensee-Seglerverbandes einbrachte. Auch sein neustes Boot riskiert nicht, in die Schubladen von Me-too und Déjà-vu abzudriften. Ein knallpinkiges, schnittiges Segelkanu – das auf den ersten Blick so gar nicht dem Profil von Züst entspricht. Und doch steckt viel Stefan in der FSC 1. Das kleine Wortspielt verrät den feinen Humor. FSC ist eine Abkürzung für nachhaltige Waldwirtschaft des Forest Stewardship Council. Bei Züst stehen die drei Buchstaben für „Fast Sailing Canoe“ und auch das passt bestens. Denn schnell ist diese messerscharfe Segelklinge mit Wavepiercer-Bug. Die Bauteile aus Sperrholz liess er auf der CNC-Fräse einer Schreinerei in der Nähe zuschneiden. Zur knalligen Rumpffarbe kontrastieren das nachtschwarze und trendige Laminat-Gross sowie das passende Vorsegel in perfekter Weise.

JK 2020 09 SZ 0400 sm

Der Trick mit dem Knick
Die Knickspantenkonstruktion ist relativ einfach im Bau und verleiht dem Boot die nötige Steifigkeit. Und wie ein Starboot will auch die FSC 1 auf der Kimm gesegelt werden – was die Wasserlinie verlängert. Dabei hebt sich fast die ganze Luvseite aus dem Wasser, die benetzte Fläche nimmt ab, auch das ergibt mehr Speed. Die Bordwände kommen fast senkrecht aus dem Wasser, sogar mit einer leicht negativen Neigung. Achterlich läuft der Rumpf in ein Spitzgattheck aus, der für einen charakteristischen Look und ein schön verwirbelungsfreies Ablaufen der Heckwelle sorgt. Erstaunlich ist das aufrichtende Moment des Kanus, das ohne Ballast auskommt. Bei mehr Wind steigt der Vorschoter ins Trapez und schon kann mit mehr Druck gesegelt werden – der Wavepiercer-Bug macht seinem Namen alle Ehre und schneidet messerglatt durchs Wasser. Ob dieser neuste Streich auch in der Realität funktionieren kann, dafür wurde Jonas Panacek ins Projekt eingespannt. Mit seiner Firma yacht-design.ch ist er auf ungewöhnliche Projekte aller Art von Freizeit- und Arbeitsschiffen spezialisiert. Züst liess bei ihm alles sorgfältig durchrechnen und dieser Einsatz hat sich vollumfänglich gelohnt.

Das Handling ist auf Einfachheit und Funktionalität ausgerichtet. Das Vorsegel ist als Selbstwendefock konzipiert, das ausgestellte Squarehead-Gross kommt ohne Traveller aus, die Schot läuft auf einem Crow Foot (Hahnepot), der Platz für die Ruderpinne lässt. Das stehende und laufende Gut ist aus Dyneema, Drahttauwerk sucht man vergeblich. Das spart Gewicht. Selbst die Beschläge sind auf das Mindeste reduziert. Sicherlich täte es Züst in der Seele weh, den schönen Holzmast für die Salingbefestigungen zu löchern. Also laminiert er die Salingsprofile aus verschiedenen Hölzern einfach an und verstärkt die Zone mit einer Art transparenten Glasfasermanschette. Das Holz bleibt jungfräulich, das Mastprofil nicht beeinträchtig und ohne Bohrlöcher dringt keine Feuchtigkeit ein. Mit dem Wegfallen von Metallbeschläge erspart man sich zusätzliches Gewicht. Züst rechnet vor, dass er mit dem Laminierkniff rund 20 Kilo unnötiger Ballast gespart hat. So bringt die FSC 1 lediglich 367 kg plus 20 kg Mast auf die Waage.

JK 2020 09 SZ 0700 sm

Segeln oder Rudern
Raussegeln und dann ohne Wind liegenbleiben? Das kann passieren. Dafür hat Stefan Züst vorgesorgt. Auf den Schwertkasten kommt ein speziell angepasster Schlitten, der das Segelkanu zum Ruderkanu macht. Der Rollsitz wird durch eingesteckte Holzplättchen in der Unterseite fixiert. Die Riemenlänge ist durch die verfügbare Länge des Vorpieks bestimmt. Dann noch die Ruderdollen in die Seitendecks einstecken und schon kann man lospullen. Für Wasserwanderer, die gerne alleine in der Natur unterwegs sind, ist das natürlich eine gelungene Kombination der schönen Fortbewegungsarten. Ausserdem ist für genug Stauraum gesorgt, um einiges mehr als nur das Nötigste auf eine Tour mitzunehmen. Beim Segeln ist die FSC 1 absolut einhandtauglich – wäre aber schade, man würde das schöne Segelfeeling nicht mit jemandem teilen…

Segelkanu FSC 1
Länge 8,00 m
Breite 1,80 m
Tiefgang 0,10 bis 1,60 m
Gewicht 387 kg
Gross 12,6 m2
Fock 7,7 m2
Gennaker 43 m2
Preis ab CHF 60‘000 (segelfertig)
Stefan Züst, CH-8595 Altnau , holzboot.ch

Bericht: Wave-Magazin Stefan Detjen
Bilder: Jürg Kaufmann

BN-Partner: PVT-Schweiz GmbH CH-8594 Güttingen
swiss.shape.partner 5

zurück

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Adresse

Bodensee-News BN
CH-8594 Güttingen
info@bodensee-news.ch

Impressum
Datenschutz